Samstag, 18. August 2007
Messias
Als seine Kritiker ihn nach der Schöpfung fragten, da stieg der Messias auf den Berg und sagte: "Irgendwann wusste der Herr unser Gott nicht mehr wohin mit dem ganzen Zeug und legte es einfach auf einen Haufen irgendwo in die Ecke und so entstand die Welt."
Donnerstag, 16. August 2007
"Dass sie mich aber auch immer um den Wicker fingelt..."
Sonntag, 8. Juli 2007
Sein Zustand ist metastabil
Ach, das kann doch so nicht weitergehen, dachte sich der Hochseilakrobat. Immer dieses Balancieren in 20 Metern Höhe, unter einem nichts als drei Sicherheitsnetze und der sandige Zirkusboden. Das ist schon unangenehm, das muss doch nicht sein, überlegte er weiter. Und beschloss, zukünftig mit geschlossenen Augen zu balancieren, vielleicht würde es dann wieder besser.
Montag, 14. Mai 2007
In der Hölle
Den merkwürdigsten Tagesausflug, den mein Kumpel P. und ich vielleicht jemals unternommen haben, war der in die Hölle.
„Hallo, ich bin der Tino und für die nächsten zwei Stunden ihr Reiseführer.“, begrüßte uns Tino, unser Reiseführer, als wir nach einer ziemlich strapaziösen Anreise (so eine gemütliche Fähre wie bei den Griechen gab es leider nicht) endlich im Vorhof der Hölle angekommen waren. Unsere Reisegruppe war ein buntgemischter Haufen von Rucksacktouristen, Eltern mit Kindern und Rentnern. Von letzteren fiel mir sogleich eine Dame im beigen Kleid mit Hut auf, die gemeinsam mit ihren zwei gealterten Freundinnen ständig nervös in der Gegend umherblickte und „Wenn der Hans hier nicht irgendwo ist...“ murmelte. Tino sagte: „So, dann wollen wir uns mal auf den Weg machen.“, und hielt – wenig originell – einen Dreizack als Erkennungszeichen in die Höhe: „Folgen sie mir einfach.“
Wir dackelten also Tino hinterher und hier ist nun wohl eine kleine Beschreibung der Umgebung gefordert: Die Hölle sieht nämlich keineswegs so aus, wie man sie aus den Prospekten des Fremdenverkehrsamtes kennt – feurig, rot glühend, höhlenartig und all das. Das ist – wie nur die wenigsten wissen – bloß ein kleiner Teil. Der weitaus größere besteht aus einem stillgelegten Industriegebiet mit angrenzendem stillgelegtem Güterbahnhof. Über dieses führte uns also Tino, immer wieder an kleinen Sehenswürdigkeiten wie Folterinstrumenten oder ähnlichem anhaltend. Diese waren nicht von besonderem Interesse und selbst ein japanischer Mittourist fotografierte sie bloß pflichtschuldig. Viel interessanter waren natürlich die „Insassen“ der „Anstalt“, wie Tino es ausdrückte. Da waren zum Beispiel: Mao, heftig in einen Disput mit Kim-Il-Sung über die richtige Zubereitung von Nudelsuppe vertieft; Walt Disney, sein viertes Gnadengesuch verfassend; Hitler und Stalin, eine Runde Polen-Teilen spielend (als wir die beiden verließen, zischte Hitler unserem Reiseleiter Tino übrigens „Und so ätwas nännt säch Föhrer!“ hinterher, kein Witz!);
Die Dame in dem beigen Kleid wurde mit der Zeit immer ungeduldiger und fing an, Tino zu bedrängen. Wo denn der Hans, ihr verstorbener Mann, möge er in der Hölle schmoren – ach halt, darum gehe es ja gerade... Wo also besagter Hans sei, sie habe ihm noch so einiges zu sagen. Tino musste sie enttäuschen, persönliche Besuche seien nicht gern gesehen, aber dafür – als Ausgleich und besonderes Schmankerl sozusagen – mache man sich nun auf den Weg zum Fürst der Finsternis, dem Teufel persönlich. „Dachte ich mir, dass der Hans es hier weit bringt.“, sagte die Dame in dem beigen Kleid, wurde dann jedoch von ihren Freundinnen ob ihres Irrtums aufgeklärt.
Die Begegnung mit dem Teufel war eine schrecklich enttäuschende. Vermutlich erwarteten wir alle einfach zu viel. Denn der Teufel war keineswegs der lustige Geselle, als den man ihn etwa aus dem Faust kennt, sondern – ich kann es nicht anders sagen – ein frustrierter Verwaltungsbeamter. Vom jahrehundertelangen Menschenquälen wohl müde und vom häufigen Empfang von Besuchern schon längst gelangweilt, gab er sich uns gegenüber schon gar keine Mühe mehr, irgendwie charmant oder furchteinflößend zu wirken. Routiniert beantwortete er einige Fragen, wobei er nicht aufhörte, seine abgeschriebenen Bleistifte zu spitzen. Ehrlich gesagt waren wir alle froh, als wir endlich aus seinem Büro wieder herauskamen.
Damit war unsere Führung zu Ende. Tino verabschiedete sich am Ausgang, wir applaudierten brav und begaben uns gerade auf den Heimweg , als sich folgendes zutrug: Aus dem nahegelegen Fegefeuer schritt ein älterer Herr in einem beigen Pullover, unter dem der Kragen eines karierten Hemds hervorschaute. „Hans!“, schrie die Dame in dem beigen Kleid und rannte auf die bei dem Ausruf entsetzt in sich zusammensinkende Gestalt zu: Was er denn hier mache, warum er nicht in der Hölle sei und vieles mehr – manches davon schwer beleidigend – brüllte sie ihrem Ex-Mann ins Ohr, der, erst nach geraumer Zeit zu Wort kommend, sich schließlich erklärte: Er sei nicht in die Hölle gekommen, nur ins Fegefeuer, das er jetzt aber auch hinter sich habe, und überhaupt freue er sich schon auf seine baldige Himmelfahrt. „Du? In den Himmel?“, konnte es die Dame in dem beigen Kleid nicht glauben, „Nach alle was Du mir angetan hast?“ Ihr Mann, der wohl jahrzehntelang unter ihrer Fuchtel gestanden hatte, ließ sich diese Worte dann doch nicht gefallen: „Wer hat denn hier wen umgebracht?!“, schrie er sie an und begann sodann, sämtliche sonstigen Grausamkeiten aufzuzählen, die er von ihr zu erdulden gehabt hatte.
Mein Kumpel P. und ich beschlossen, dass wir jetzt besser zurückfahren und die Beiden alleine lassen sollten. Sie hatten sicher vieles zu besprechen.
„Hallo, ich bin der Tino und für die nächsten zwei Stunden ihr Reiseführer.“, begrüßte uns Tino, unser Reiseführer, als wir nach einer ziemlich strapaziösen Anreise (so eine gemütliche Fähre wie bei den Griechen gab es leider nicht) endlich im Vorhof der Hölle angekommen waren. Unsere Reisegruppe war ein buntgemischter Haufen von Rucksacktouristen, Eltern mit Kindern und Rentnern. Von letzteren fiel mir sogleich eine Dame im beigen Kleid mit Hut auf, die gemeinsam mit ihren zwei gealterten Freundinnen ständig nervös in der Gegend umherblickte und „Wenn der Hans hier nicht irgendwo ist...“ murmelte. Tino sagte: „So, dann wollen wir uns mal auf den Weg machen.“, und hielt – wenig originell – einen Dreizack als Erkennungszeichen in die Höhe: „Folgen sie mir einfach.“
Wir dackelten also Tino hinterher und hier ist nun wohl eine kleine Beschreibung der Umgebung gefordert: Die Hölle sieht nämlich keineswegs so aus, wie man sie aus den Prospekten des Fremdenverkehrsamtes kennt – feurig, rot glühend, höhlenartig und all das. Das ist – wie nur die wenigsten wissen – bloß ein kleiner Teil. Der weitaus größere besteht aus einem stillgelegten Industriegebiet mit angrenzendem stillgelegtem Güterbahnhof. Über dieses führte uns also Tino, immer wieder an kleinen Sehenswürdigkeiten wie Folterinstrumenten oder ähnlichem anhaltend. Diese waren nicht von besonderem Interesse und selbst ein japanischer Mittourist fotografierte sie bloß pflichtschuldig. Viel interessanter waren natürlich die „Insassen“ der „Anstalt“, wie Tino es ausdrückte. Da waren zum Beispiel: Mao, heftig in einen Disput mit Kim-Il-Sung über die richtige Zubereitung von Nudelsuppe vertieft; Walt Disney, sein viertes Gnadengesuch verfassend; Hitler und Stalin, eine Runde Polen-Teilen spielend (als wir die beiden verließen, zischte Hitler unserem Reiseleiter Tino übrigens „Und so ätwas nännt säch Föhrer!“ hinterher, kein Witz!);
Die Dame in dem beigen Kleid wurde mit der Zeit immer ungeduldiger und fing an, Tino zu bedrängen. Wo denn der Hans, ihr verstorbener Mann, möge er in der Hölle schmoren – ach halt, darum gehe es ja gerade... Wo also besagter Hans sei, sie habe ihm noch so einiges zu sagen. Tino musste sie enttäuschen, persönliche Besuche seien nicht gern gesehen, aber dafür – als Ausgleich und besonderes Schmankerl sozusagen – mache man sich nun auf den Weg zum Fürst der Finsternis, dem Teufel persönlich. „Dachte ich mir, dass der Hans es hier weit bringt.“, sagte die Dame in dem beigen Kleid, wurde dann jedoch von ihren Freundinnen ob ihres Irrtums aufgeklärt.
Die Begegnung mit dem Teufel war eine schrecklich enttäuschende. Vermutlich erwarteten wir alle einfach zu viel. Denn der Teufel war keineswegs der lustige Geselle, als den man ihn etwa aus dem Faust kennt, sondern – ich kann es nicht anders sagen – ein frustrierter Verwaltungsbeamter. Vom jahrehundertelangen Menschenquälen wohl müde und vom häufigen Empfang von Besuchern schon längst gelangweilt, gab er sich uns gegenüber schon gar keine Mühe mehr, irgendwie charmant oder furchteinflößend zu wirken. Routiniert beantwortete er einige Fragen, wobei er nicht aufhörte, seine abgeschriebenen Bleistifte zu spitzen. Ehrlich gesagt waren wir alle froh, als wir endlich aus seinem Büro wieder herauskamen.
Damit war unsere Führung zu Ende. Tino verabschiedete sich am Ausgang, wir applaudierten brav und begaben uns gerade auf den Heimweg , als sich folgendes zutrug: Aus dem nahegelegen Fegefeuer schritt ein älterer Herr in einem beigen Pullover, unter dem der Kragen eines karierten Hemds hervorschaute. „Hans!“, schrie die Dame in dem beigen Kleid und rannte auf die bei dem Ausruf entsetzt in sich zusammensinkende Gestalt zu: Was er denn hier mache, warum er nicht in der Hölle sei und vieles mehr – manches davon schwer beleidigend – brüllte sie ihrem Ex-Mann ins Ohr, der, erst nach geraumer Zeit zu Wort kommend, sich schließlich erklärte: Er sei nicht in die Hölle gekommen, nur ins Fegefeuer, das er jetzt aber auch hinter sich habe, und überhaupt freue er sich schon auf seine baldige Himmelfahrt. „Du? In den Himmel?“, konnte es die Dame in dem beigen Kleid nicht glauben, „Nach alle was Du mir angetan hast?“ Ihr Mann, der wohl jahrzehntelang unter ihrer Fuchtel gestanden hatte, ließ sich diese Worte dann doch nicht gefallen: „Wer hat denn hier wen umgebracht?!“, schrie er sie an und begann sodann, sämtliche sonstigen Grausamkeiten aufzuzählen, die er von ihr zu erdulden gehabt hatte.
Mein Kumpel P. und ich beschlossen, dass wir jetzt besser zurückfahren und die Beiden alleine lassen sollten. Sie hatten sicher vieles zu besprechen.
Montag, 19. März 2007
Keine Viertelstunde
Als ihn eine Tante bei einem Familientreffen fragte, was er denn werden wolle, wenn er einmal groß sei, antwortete der kleine Jakob ohne zu zögern: „Prominenter.“ Unter der Verwandtschaft rief dies gemischte Reaktionen hervor: Jakobs kleine Schwester mäkelte sofort, dass Prominenter doch gar kein Beruf sei. Seine Mutter meinte, dass er noch jung sei und es sich auch später überlegen könne. Sein Vater merkte daraufhin an, dass sie den Jungen nicht gleich wieder einengen solle. Wenn er Prominenter werden wolle, dann habe man ihm dies nicht zu verwehren. Daraufhin machte sich seine Frau die Position ihrer Tochter zu eigen und es entbrannte ein heftiger Streit, der die Sippe in zwei Lager spaltete und der nur durch einen Anruf bei der Bundesanstalt für Arbeit beigelegt werden konnte. Diese bestätigte, dass es den Beruf des Prominenten an sich nicht gebe, räumte aber auch ein, dass sich das Berufsbild unter das des Freiberuflers fassen ließe, womit sich jede Seite bestätigt sah.
Jakob jedenfalls hielt an seinem Traum fest und unternahm, als er in das Alter kam, in dem sich die berufliche Zukunft entscheidet, allerlei Versuche, zu Berühmtheit zu gelangen: Zuerst strebte er eine Karriere als Komiker an. Tatsächlich schaffte er es zu einigen Auftritten in Kneipen und Clubs, doch der große Durchbruch blieb ihm versagt. Seine beste Nummer – eine Edmund-Stoiber-Imitation – fiel immer öfter beim Publikum durch, weil mittlerweile die besten Stoiber-Persiflagen von Edmund Stoiber selbst stammten.
Daraufhin versuchte sich Jakob auch als Musiker, Schriftsteller und Koch, blieb aber auch hier erfolglos. Irgendwann sah er ein, dass er es mit Arbeit nicht auf die Titelseiten schaffen würde, und beschloss, andere Wege in die Berühmtheit einzuschlagen. So reiste er, nachdem deutsche Touristen im Ausland entführt und an Kerner und Beckmann herausgegeben worden waren, mehrmals in den Jemen und den Irak. Doch trotz großer Bemühungen scheiterte Jakobs eigene Entführung aufgrund einer Reihe grotesker Zufälle jedes Mal. Als ein Deutscher in iranischen Hoheitsgewässern festgenommen wurde, versuchte er ebenfalls, durch eine solche Inhaftierung ins Rampenlicht zu schreiten. Doch im persischen Golf ging seinem Motorboot der Sprit aus und er musste sich von arabischen Fischern zurück in den Hafen von Dubai schleppen lassen.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland überlegte sich Jakob, dass sein Weg in die Prominenz nur über andere Prominente gehen könnte. Er besorgte sich Einladungen zu wichtigen Partys, auf denen er Schauspielerinnen und Models anbaggerte, in der Hoffnung, dabei fotografiert und vom Boulevard im kleinen Text unter dem Foto als deren neuer Freund bezeichnet zu werden. Dummerweise hatte er sich gleich bei der ersten dieser Feiern an die Frau eines Medienunternehmers herangemacht, der, vor Eifersucht tobend, verfügte, dass in seinen Blättern niemals über diesen „schmierigen Schmierlappen“ berichtet werde und dass Vertreter anderer Verlagshäuser nie wieder zum Brunch eingeladen würden, falls diese nicht das Gleiche täten. Als Jakob merkte, dass seine Bemühungen nicht fruchteten, gab er sie auf.
Mehrmals verfluchte Jakob in der Folgezeit das Schicksal, das ihm keine Brüste gegeben hatte, die irgendjemand hätte sehen wollen.
Schließlich geriet er in Verzweiflung und sah in seinem Leben keinen Sinn mehr. Er stieg auf das Dach eines Mehrfamilienhauses, um dort, vor den Augen einer großen Menschenmenge, der lokalen und überregionalen Presse und einiger Fernsehkameras in den Tod zu springen. Jedoch kam, als er am Abgrund stand, niemand vorbei. Die Straße war wie leergefegt, weil einen Block weiter ein Haus in Flammen stand, in dem ein Hund sein bewusstloses Herrchen durch heroisches Bellen, Gesicht-Abschlecken und An-Der-Hose-Zerren weckte und dieses deshalb das Haus noch verlassen konnte, bevor der Gastank hochging. Sowohl Hund als auch Herrchen überlebten und wurden lokale Kurzzeitberühmtheiten. Jakob brach sich ein Bein, als er beim Verlassen des Daches vor Schreck über die nahe Explosion ausrutschte und die Treppe hinabstürzte.
Jakob jedenfalls hielt an seinem Traum fest und unternahm, als er in das Alter kam, in dem sich die berufliche Zukunft entscheidet, allerlei Versuche, zu Berühmtheit zu gelangen: Zuerst strebte er eine Karriere als Komiker an. Tatsächlich schaffte er es zu einigen Auftritten in Kneipen und Clubs, doch der große Durchbruch blieb ihm versagt. Seine beste Nummer – eine Edmund-Stoiber-Imitation – fiel immer öfter beim Publikum durch, weil mittlerweile die besten Stoiber-Persiflagen von Edmund Stoiber selbst stammten.
Daraufhin versuchte sich Jakob auch als Musiker, Schriftsteller und Koch, blieb aber auch hier erfolglos. Irgendwann sah er ein, dass er es mit Arbeit nicht auf die Titelseiten schaffen würde, und beschloss, andere Wege in die Berühmtheit einzuschlagen. So reiste er, nachdem deutsche Touristen im Ausland entführt und an Kerner und Beckmann herausgegeben worden waren, mehrmals in den Jemen und den Irak. Doch trotz großer Bemühungen scheiterte Jakobs eigene Entführung aufgrund einer Reihe grotesker Zufälle jedes Mal. Als ein Deutscher in iranischen Hoheitsgewässern festgenommen wurde, versuchte er ebenfalls, durch eine solche Inhaftierung ins Rampenlicht zu schreiten. Doch im persischen Golf ging seinem Motorboot der Sprit aus und er musste sich von arabischen Fischern zurück in den Hafen von Dubai schleppen lassen.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland überlegte sich Jakob, dass sein Weg in die Prominenz nur über andere Prominente gehen könnte. Er besorgte sich Einladungen zu wichtigen Partys, auf denen er Schauspielerinnen und Models anbaggerte, in der Hoffnung, dabei fotografiert und vom Boulevard im kleinen Text unter dem Foto als deren neuer Freund bezeichnet zu werden. Dummerweise hatte er sich gleich bei der ersten dieser Feiern an die Frau eines Medienunternehmers herangemacht, der, vor Eifersucht tobend, verfügte, dass in seinen Blättern niemals über diesen „schmierigen Schmierlappen“ berichtet werde und dass Vertreter anderer Verlagshäuser nie wieder zum Brunch eingeladen würden, falls diese nicht das Gleiche täten. Als Jakob merkte, dass seine Bemühungen nicht fruchteten, gab er sie auf.
Mehrmals verfluchte Jakob in der Folgezeit das Schicksal, das ihm keine Brüste gegeben hatte, die irgendjemand hätte sehen wollen.
Schließlich geriet er in Verzweiflung und sah in seinem Leben keinen Sinn mehr. Er stieg auf das Dach eines Mehrfamilienhauses, um dort, vor den Augen einer großen Menschenmenge, der lokalen und überregionalen Presse und einiger Fernsehkameras in den Tod zu springen. Jedoch kam, als er am Abgrund stand, niemand vorbei. Die Straße war wie leergefegt, weil einen Block weiter ein Haus in Flammen stand, in dem ein Hund sein bewusstloses Herrchen durch heroisches Bellen, Gesicht-Abschlecken und An-Der-Hose-Zerren weckte und dieses deshalb das Haus noch verlassen konnte, bevor der Gastank hochging. Sowohl Hund als auch Herrchen überlebten und wurden lokale Kurzzeitberühmtheiten. Jakob brach sich ein Bein, als er beim Verlassen des Daches vor Schreck über die nahe Explosion ausrutschte und die Treppe hinabstürzte.
Montag, 27. November 2006
Wenn das Leben schreibt
Als Gloria, die Freundin von Martin, dem Handballspieler, Jürgen, der von seiner Tante eine Brauerei geerbt hatte, sah, als er gerade mit Stefanie, einer stadtbekannten Kommunalpolitikerin, ein Eis verspeiste, durchfuhr es sie wie ein Blitz, der aus einer Wolke in einen Baum einschlägt. Hierin also lag der Grund, warum Malte, der erfolglos schnelltrocknende, aber auch nichtdeckende Wandfarbe verkaufte, zuletzt ihr gegenüber mehrmals vieldeutige Bemerkungen über Carmen gemacht hatte, mit der sie regelmäßig ins Fitnessstudio ging und mit der er über die Arbeit - Carmen verkaufte nie trocknende, aber dafür deckende Wandfarbe - zu tun hatte. Es lag so klar auf der Hand wie ein frischgespültes Glas im Schrank steht: Nora, frisch von Harald geschieden und mit den Kindern in einen Vorort gezogen, musste ja nun wissen, dass ihr erster Mann, der im Urlaub von einem tollwütigen Elefanten totgetrampelt worden war, in Wirklichkeit nie Marzipanpudding gemocht hatte, den sie ihm doch immer bringen zu müssen geglaubt hatte. Wie dies erst ihr Verhältnis zu Georg, dem schwulen Chefkoch des "Löwen" belasten würde, war noch gar nicht abzusehen, zumal Anita schon immer ein gewichtiges Wort mitzureden gehabt hatte, wenn innerhalb der Mannschaft des Kegelklubs "Aus der Bahn 1912" Konflikte schwelten. Wie sollte es unter diesen Umständen mit Rolf, Herrmann und Bianca weitergehen? Wann würde wohl endlich Dietmar aus Kambodscha zurückkehren? Und wer war die mysteriöse Fremde, die immerzu bei Michael anrief? So viele Fragen, bestimmt ein Rätsel zu bleiben.
Sonntag, 1. Oktober 2006
- "Mann, du bist echt motivierend!"
- "Ja, Tschakka ist mein zweiter Vornahme."
- "Ja, Tschakka ist mein zweiter Vornahme."
Dienstag, 19. September 2006
Sein Haben
Neulich nachts träumte Dagobert Duck davon, eine große Schatztruhe voll Gold und Diamanten zu finden. Doch als er ihren Inhalt näher betrachtete, stellte er fest, dass er nur wertlose Attrappen vor sich hatte. Er erwachte mit einem merkwürdigen, kaum einzuordnenden Gefühl aus Angst und Schrecken über den Inhalt des Traums, Erleichterung über die Tatsache, dass es nur ein Traum war, und Nachdenklichkeit: Ob es nicht vielleicht gar nicht so schlimm wäre, eine wertlose Truhe zu finden?
Dienstag, 4. Juli 2006
Die Abdenkung
Der letzte Gedanke, den A. vor seinem Ende hatte, ist höchst interessant. Denn A. befand sich vor seinem Ende in einer Situation, die die Bildung von interessanten Gedanken zu befördern vermag. Wie er in diese Situation kam, liegt heute wie hinter einer Nebelwand unseren Blicken verborgen. Dass eine Nebelwand jedoch am Kommen in diese Situation beteiligt gewesen wäre, kann als sicher ausgeschlossen werden.
A. also dachte noch, kurz bevor es ein Ende mit ihm nahm. Doch sollte man annehmen, dass sein letzter Gedanke nicht mehr bekannt geworden wäre, da er ihn, so kurz vor seinem Ende, nicht mehr mitzuteilen in der Lage gewesen sein kann. Denn wenn er doch Gelegenheit gehabt hätte, seinen letzten Gedanken mitzuteilen, so wäre dieser letzte Gedanke gar nicht sein letzter gewesen. Sein letzter Gedanke wäre dann gewesen: "Oh, jetzt habe ich meinen letzten Gedanken mitgeteilt." Und das wäre kein - wie oben angekündigt - höchst interessanter Gedanke. Daran dachte A. also nicht, als er seinen letzten Gedanken dachte, und das ließ die Situation, in der er sich befand, auch gar nicht zu.
Wenn wir also seinen letzten Gedanken gar nicht von ihm selbst erfahren haben - so werden gedankenvolle Menschen einwenden - können wir gar nicht wissen, dass es sein eigener Gedanke ist. Es sei vielmehr der Gedanke, den wir hätten, wenn wir in jener Situation gewesen wären, in die A. durch so rätselhafte Umstände geriet. So dass das Bedenkenswerte an A. gar nicht mehr sein letzter Gedanke, sondern die Situation vor seinem Ende sei, in der er sich befand.
Dieser Gedankengang hätte A. vor seinem Ende sicher gut gefallen, und er wäre ihm ausgiebig gefolgt, wenn die Situation, in der er sich befand, es zugelassen hätte. Unter seinen Überlegungen war aber kurz vor seinem Ende kein Platz mehr. Die Situation erforderte einen anderen Gedanken, den A. dann auch tatsächlich dachte, kurz vor seinem Ende, dem Ende des großen Denkers A.
A. also dachte noch, kurz bevor es ein Ende mit ihm nahm. Doch sollte man annehmen, dass sein letzter Gedanke nicht mehr bekannt geworden wäre, da er ihn, so kurz vor seinem Ende, nicht mehr mitzuteilen in der Lage gewesen sein kann. Denn wenn er doch Gelegenheit gehabt hätte, seinen letzten Gedanken mitzuteilen, so wäre dieser letzte Gedanke gar nicht sein letzter gewesen. Sein letzter Gedanke wäre dann gewesen: "Oh, jetzt habe ich meinen letzten Gedanken mitgeteilt." Und das wäre kein - wie oben angekündigt - höchst interessanter Gedanke. Daran dachte A. also nicht, als er seinen letzten Gedanken dachte, und das ließ die Situation, in der er sich befand, auch gar nicht zu.
Wenn wir also seinen letzten Gedanken gar nicht von ihm selbst erfahren haben - so werden gedankenvolle Menschen einwenden - können wir gar nicht wissen, dass es sein eigener Gedanke ist. Es sei vielmehr der Gedanke, den wir hätten, wenn wir in jener Situation gewesen wären, in die A. durch so rätselhafte Umstände geriet. So dass das Bedenkenswerte an A. gar nicht mehr sein letzter Gedanke, sondern die Situation vor seinem Ende sei, in der er sich befand.
Dieser Gedankengang hätte A. vor seinem Ende sicher gut gefallen, und er wäre ihm ausgiebig gefolgt, wenn die Situation, in der er sich befand, es zugelassen hätte. Unter seinen Überlegungen war aber kurz vor seinem Ende kein Platz mehr. Die Situation erforderte einen anderen Gedanken, den A. dann auch tatsächlich dachte, kurz vor seinem Ende, dem Ende des großen Denkers A.
Dienstag, 27. Juni 2006
Die Parklücke
"Es wird schon piepen", sagte Herr L. zu seiner Frau und setzte dazu an, seinen Wagen aus der engen Parklücke zu manövrieren. Er meinte damit die Entfernungsmelder seines Autos, von denen er erwartete, dass sie auf das hinter ihnen stehende Auto ansprechen würden. Also setzte er - behutsam, aber ohne nach hinten zu gucken - zurück. Doch es piepte nichts. Nicht nach einem Meter, nicht nach zwei Metern, nicht nach fünf Metern. Noch tat es einen Schlag. Herr L. fand dies höchst verwunderlich und sah sich um. In der Tat war der Wagen, der hinter ihnen geparkt hatte, verschwunden. Er schaute wieder nach vorne; das Auto, das eben noch hinter ihnen gestanden hatte, war nun direkt vor ihm. Da war Herr L. beruhigt, dass alles an seinem rechten Platz war. Frau L. jedoch war kreidebleich.
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