Dienstag, 22. Februar 2005

Berühmtheiten, Teil 1
Als ich heute mit dem Bus nach Hause fuhr, begegnete ich Sigmund Freud. Er stieg einige Haltestellen nach mir ein und setzte sich neben mich. "Und, wie geht es uns heute?", fragte er mich mit breitestem Wiener Akzent. "Gut, gut", antwortete ich und fragte ihn meinerseits nach seinem Befinden. "Ah gee. Danke der Nachfrage." Dann sagte er einige Haltestellen nichts, offenbar darauf wartend, dass ich ihm mein Seelenleben ausbreite. Schließlich meinte er: "Nun, wenn Sie schon einmal so eine Traumerscheinung wie mich haben, dann sollten Sie das ausnutzen." Da musste ich ihm innerlich zustimmen und also erzählte ich ihm von meinem Tag, was mich geärgert hatte, was mich gefreut hatte, und fragte ihn, warum ich mich denn so komisch verhalten hätte und mich jetzt so blöd fühlte. Da verwandelte sich Freud auf einmal in einen Biologen des 17. Jahrhunderts und erzählte mir etwas von den "Körpersäften". Ich nickte eifrig, bis er an der Haltestelle "Schöne Aussicht" ausstieg. Meine Fahrt endete dann bei "Leichte Schulter".

von drbierkrug um 23:13h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Freitag, 7. Januar 2005

Neue Kalenderblätter am orthodoxen Weihnachtstag
- "Noch einmal will ich deinen Geburtstag echt nicht vergessen. Du bist mir nämlich sehr wichtig."
- "Das hast du lieb gesagt."
- "Und damit ich deinen Geburtstag nicht vergesse, werde ich ihn mir in meinem Kalender notieren, gleich an erster Stelle."
- "Wie, an erster Stelle?"
- "Na gleich beim ersten Januar, damit ich ihn immer sehe, wenn ich den Kalender aufschlage."
- "Ich habe aber nicht am ersten Januar Geburtstag."
- "Das weiß ich doch, aber so sehe ich deinen Geburtstag immer gleich und erinnere mich immer daran, dass er am 5. Juni ist."
- "Das ist doch Quatsch. Außerdem ist er am sechsten."
- "Ist es nicht. Meine ich doch, am sechsten."

von drbierkrug um 15:22h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Mittwoch, 5. Januar 2005

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- "Früher war alles besser."
- "Immer diese Leute, die sagen: 'Früher war alles besser'. Wenn denn früher alles besser war, warum lebt ihr dann nicht früher?"
- "Wie soll das denn gehen? Früher leben?"
- "Ach, euch fehlt doch die Phantasie mit eurer Ewiggestrigkeit! Ihr müsst euch von den herkömmlichen Vorstellungen von Raum und Zeit lösen. Frei denken!"
- "Hmm. Jetzt klingst du aber, als lebtest du in der Vergangenheit."

<Pause>

- "Ich fühle mich auch auf einmal sehr alt."

von drbierkrug um 12:47h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Freitag, 24. Dezember 2004

Frohe Weihnachten
Heute beschenken sich die Menschen, die sich lieben, wertschätzen, befreundet sind oder auch sonst irgendwie miteinander zu tun haben (z. B. durch Verwandtschaft) gegenseitig zu Weihnachten. Früher, da brachte der Weihnachtsmann die Geschenke. Heute tut er das nicht mehr. Irgendwann vor vielen Jahren, da hatte der Weihnachtsmann keinen Bock mehr. Keine Lust mehr, allen die erwünschten Geschenke zu bringen. Keinen Antrieb, keine Motivation, den Menschen durch ein überraschendes Präsent das Weihnachtsfest zu versüßen. Genug von dem Schlitten und den Rentieren und auch von den viel zu engen Schornsteinen. Warum eigentlich? Nun, da kam einiges zusammen, an einem denkwürdigen Weihnachtsabend, der nun schon eine Weile zurückliegt:


A long time ago – The retirement of the Weihnachtsmann

Eigentlich war alles vorbereitet, wie all die Jahre zuvor auch. Die Engel hatten eifrig Geschenke gesammelt, in große Säcke gepackt und auf den Schlitten geladen. Der Weihnachtsmann erwartete voller Vorfreude den Weihnachtsabend. Doch am Dreiundzwanzigsten zogen dunkle Wolken auf, am Himmel seiner heilen Nikolaus-Welt. Die Rentiere hatten beschlossen zu streiken. Am Weihnachtsabend. Der Weihnachtsmann war entsetzt, vor allem, als er erfuhr, was die Forderungen der Rentiere waren: „Ihr wollt eine bessere Bezahlung und mehr Urlaubstage?“, fuhr der Weihnachtsmann die streikende Meute an. „Mehr Urlaubstage? Ihr habt doch das ganze Jahr frei! Wann wollt ihr denn da noch Urlaubstage haben? Am Vierundzwanzigsten?“ Rudolph, das Rentier mit der roten Nase (und seit Neuestem auch mit dem rotem Schal), trat vor und erklärte das Anliegen der Rentiere genauer: „Es ist ja nicht so, dass wir gar nicht mehr arbeiten wollten. Natürlich sind wir bereit, am Vierundzwanzigsten mit vollem Einsatz an der Verteilung der Geschenke mitzuwirken. Aber nur, wenn zwischen den Weihnachtsfesten mehr Urlaubstage liegen. Wir fordern deshalb die Einführung eines dreizehnten Kalendermonats im Jahr. Und eine bessere Bezahlung.“ Als der Weihnachtsmann die Frechheiten hörte, die Rudolph ihm da vortrug, schäumte er vor Wut: „Ihr habt sie doch nicht mehr alle. Einen dreizehnten Kalendermonat?“ Fast hätte er noch ein aggressives „Bin ich denn der Weihnachtsmann?“ hinzugefügt, doch ihm wurde rechtzeitig bewusst, dass das seine Verhandlungsposition deutlich geschwächt hätte.

In der Folge wurde also tatsächlich verhandelt, doch die Rentiere waren von ihren Anliegen nicht abzubringen. „Na gut, ich bin nicht auf euch angewiesen. Es gibt einen ganzen Haufen anderer Tiere, die wild darauf sind, euren Job zu übernehmen.“, sagte der Weihnachtsmann, als ihm bewusst wurde, dass mit den Rentieren keine vernünftige Vereinbarung zu treffen war. Für den Weihnachtsabend engagierte er also eine Horde preisgünstiger chinesischer Wasserbüffel.

Am morgen des Vierundzwanzigsten rief Knecht Ruprecht an und meldete sich für den Abend krank. „Schwere Grippe“, sagte er am Telefon. Er klang auch wirklich schlimm. Der Weihnachtsmann machte sich aber nichts daraus, Knecht Ruprecht war die Jahre zuvor auch schon krank gewesen. Und da war er gut ohne ihn zurecht gekommen. Insgeheim hatte er schon daran gedacht, Ruprechts Arbeitsverhältnis ganz aufzulösen. Nach Weihnachten würde er genauer darüber nachdenken, nahm sich der Weihnachtsmann vor.

Schließlich war es also so weit: Der Weihnachtsmann verabschiedete sich von seiner Weihnachtsfrau, die ihm viel Spaß wünschte und ihn ermahnte, doch bitte vorsichtig zu fliegen, „es könnte glatt sein“. Dann schwang er sich auf seinen Schlitten, welcher sich durch die Kraft zwölf chinesischer Wasserbüffel schon bald in die sternklare Weihnachtsnacht erhob.

Zunächst war alles wie gewohnt. Über Asien, wo man sich artig für die Gaben bedankte, ging es nach Skandinavien, wo man sich ebenfalls sehr erfreut über die Geschenke zeigte. Doch dann standen Mittel- und Westeuropa auf dem Programm. Dort erlebte der Weihnachtsmann einen Empfang, den man bestenfalls als „frostig“ bezeichnen konnte: wo er auch hinkam, überall mäkelten die Kinder an ihren teuren Geschenken herum, dass sei doch blöd, dass sei doch gar nicht das, was sie sich gewünscht hätten, Mami, Mami, usw. Bei einem Kind, dass sich auf ganz besonders penetrante Weise über seine Geschenk ärgerte, platzte dem Weihnachtsmann schließlich der Kragen. Er kramte aus seinen Unterlagen den Wunschzettel des Kindes hervor und listete erbost die sündhaft teuren Einträge auf, die er, der Weihnachtsmann, in der Tat berücksichtigt habe und schrie das Kind an, was es sich eigentlich erlaube, jetzt so undankbar zu sein. Da weinte das Kind herzzerreißend laut auf und die erboste Mutter warf den verdatterten Weihnachtsmann aus dem Haus.

Nach Europa kam Amerika und dort ging es genau so weiter. Die unzufriedenen Kinder häuften sich und der Weihnachtsmann wurde immer trauriger. Als schließlich ein Kind seinen umfangreichen Geschenkhaufen unausgepackt in Flammen setzte und dafür von seiner Mutter mit den Worten „Unser kleiner Henry-Bartholomäus hat aber auch immer die putzigsten Ideen!“ gelobt wurde, reichte es dem Weihnachtsmann. „Du kannst mich mal, verrückte Welt.“, rief er aus und trat frustriert den verfrühten Heimflug an.

Doch der Abend hatte für den Weihnachtsmann seinen negativen Höhepunkt noch gar nicht erreicht. Als er nach Hause kam, begrüßte ihn seine Weihnachtsfrau auf eine bemerkenswerte Art: „Schatz, du bist schon da?“ Der Weihnachtsmann wurde sofort hellhörig, wusste er doch nur zu gut aus dem Fernsehen, dass dies die klassische Begrüßungsformel untreuer Ehemänner und –frauen war, wenn die/der Geliebte noch im Kleiderschrank saß. Und tatsächlich: in besagtem Kleiderschrank saß Knecht Ruprecht in Boxershorts und grinste frech: „Hallo Chef.“ Damit war das Maß voll. Der Weihnachtsmann verließ wortlos sein Haus und flog ziellos und von tiefem Kummer erfüllt davon. Er blieb von diesem Moment an verschwunden.

Zwei Wochen später erreichte die Vereinten Nationen ein Brief, in dem der Weihnachtsmann seinen Rücktritt mit sofortiger Wirkung bekannt gab und erklärte, dass er genug von streikenden Rentieren, untreuen Frauen und vor allem von jammernden Kindern habe. Die Menschen sollten sich doch in Zukunft gefälligst selbst um Weihnachten kümmern, wenn ihnen denn überhaupt noch etwas daran läge. Er, der Weihnachtsmann, mache erst einmal eine Kreativpause.

Die Staats- und Regierungschefs der weihnachtsfeiernden Länder kamen daraufhin zu einer Sondersitzung zusammen, auf der heftig über die Zukunft des Weihnachtsfestes gestritten wurde. Ergebnis der Konferenz war schließlich, dass sich die Menschen in Zukunft selbst gegenseitig zu beschenken hätten. Und so ist es dann bis zu diesem Jahr geblieben.

Doch dann...


2003 – The Weihnachtsmann feels the old fire

Wie gesagt, niemand wusste über den Verbleib des Weihnachtsmannes bescheid. Es sei nur so viel gesagt: nach jener denkwürdigen Nacht folgten viele Jahre eremitischer Einsamkeit in einer nordkaukasischen Berghütte. Diese Zeit war vor allem vom Verzehr chinesischen Büffelfleisches gekennzeichnet. Im Herbst 2003 jedoch, da hatte der Weihnachtsmann die Herde komplett verputzt. Und überhaupt: Seine alten Narben aus jener Nacht waren verheilt. Er wollte mal wieder raus, unter Leute. Er begab sich also auf Wanderschaft, traf viele Menschen, übernahm hier und dort einen Aushilfsjob und kam nach einer Weile irgendwie – die Wege des Weihnachtsmannes sind unergründlich – nach Deutschland. Es war dies die Zeit, als er beschloss, sich doch einmal als ganz normaler Erdenbürger zu versuchen. Wo konnte er damit besser anfangen, als im schönen Deutschland. Um die Geschichte abzukürzen: Der Weihnachtsmann bezog eine schönes Appartement in Berlin und wurde Leiter einer Filiale einer großen Kaufhauskette (dort hatten seine Qualifikationen großen Eindruck gemacht).

Unvermeidbarerweise kam der Weihnachtsmann in den nächsten Wochen mit dem „modernen Weihnachtsfest“ in Kontakt, das zu seinem großen Entsetzen nur noch aus Konsum und schönen Worten zu bestehen schien. Überall wurde gekauft was das Zeug hielt und doch beschwerten sich alle, dass ja doch nicht gekauft genug gekauft werde, und überhaupt, dass es abwärts gehe und dass zu allem Überfluss auch noch auf hohem Niveau gejammert werde. Das stimmte den Weihnachtsmann alles sehr traurig, schließlich ging es am Kern des schönen guten alten Weihnachtsfestes vorbei. Der Weihnachtsmann fühlte sich schlecht, dass er sein Fest so im Stich gelassen hatte, und dann auch noch aus so egoistischen Gründen wie den mickrigen persönlichen Verletzungen, die er damals erlitten hatte. Er spürte, dass die Menschen ihn brauchten, dass es so nicht weitergehen konnte. Endgültig sicher wurde er in seinen Absichten in der Weihnachtsnacht 2003, die für ihn sehr langweilig und einsam verlief (schließlich kannte er ja niemanden außer der Weihnachtsfrau, die auf seine versöhnliche Weihnachtskarte aber nicht geantwortet hatte).

Ja, beschloss er daraufhin, er musste zurück ins Geschäft, auf dass allen Menschen wieder das zukam, was sie sich sehnlichst wünschten. Er kehrte in seine alte Heimat zurück, schloss Frieden mit den Rentieren (die Gewerkschaftsführer Rudolph entmachtet hatten und wieder in vollstem Einverständnis mit dem Kalender lebten) und bereitete alles fürs große Fest vor. Voller Ungeduld wartete der Weihnachtsmann auf Weihnachten 2004.


2004 – The glorious return of the Weihnachtsmann?

Wir werden es ja heute erleben…

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Frohe Weihnachten euch allen.

von drbierkrug um 17:54h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Sonntag, 12. Dezember 2004

Selbst schuld
Vorfreude ist die schönste Freude, sagt man. Unerfüllte Vorfreude kann aber sehr frustrierend sein. Das musste neulich mein Freund Grönehageler feststellen. Zur Erklärung: Grönehageler ist ein sehr genügsamer, zurückhaltender und zurückgezogener Mensch. Er lebt alleine und arbeitet wie viele andere Alltagshelden bei einer Bank. Und: er hat bemerkenswerte Essgewohnheiten. Grönehageler macht sich nämlich eine besondere Freude daraus, Essen aus Konservendosen zu konsumieren, dessen Haltbarkeit beinahe abgelaufen ist. So kam er zu seinem Hobby, dem Konservensammeln. Damit er die vielen jahrealten Konserven bis kurz vor ihren Verfall lagern kann, hat er sich einen Kellerraum angemietet. Dort stehen aber mittlerweile so viele alte Lebensmittel herum, dass er hin und wieder den Überblick verliert.

Und so begab es sich, dass Grönehageler vor kurzem mit Entsetzen feststellen musste, dass eine Dose Bohnen, die er an diesem Tag zu verspeisen gedacht hatte, abgelaufen war. Schon einen ganzen Monat. Ausgerechneterweise war es auch noch seine Lieblingsdose gewesen, eine Dose, die er drei Jahre zuvor teuer erstanden und seither in Ehren gehalten hatte, geduldig ihrem Verputz harrend. Es war in der Tat seine erste Konserve gewesen, die Konserve, die er bis zu diesem Zeitpunkt am längsten aufbewahrt hatte. Und nun war sie abgelaufen. Grönehageler war niederschlagen. Seine Vorfreude war dahin, in Frust umgeschlagen. Was ihn am Meisten an der ganzen Sache deprimierte, war aber die Tatsache, dass er sich einen ganzen Monat lang auf die Dose gefreut hatte, obwohl sie schon abgelaufen war, dass er also einen ganzen Monat lang ein nun völlig unbegründetes Gefühl des Optimismus und der Freude verspürt hatte. Dass er so lange Zeit eine Erwartungshaltung eingenommen hatte, die mit der Realität nicht zu begründen war, das war zuviel für ihn.

Da stand er nun, Grönehageler, und wusste nicht, was er mit der Dose Bohnen tun sollte. Die Dose einfach weiter aufheben, bis in alle Ewigkeit? Wegwerfen? Etwa doch essen? Er entschied sich voller Mut für das Essen. Natürlich erlitt er eine schwere Lebensmittelvergiftung. Heute liegt er hochgradig unglücklich in einer Klinik und seine Genesung will nicht recht voranschreiten. Ich hätte es für weiser gehalten, die Dose wegzuwerfen, aber vielleicht kann ich das "einfach nicht verstehen". Vielleicht sollte ich mir auch einfach nur andere Freunde als Typen wie Grönehageler suchen.

von drbierkrug um 12:07h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Samstag, 4. Dezember 2004

Es war eine dunkle und stürmische Nacht.
Eine Nacht, die sich in die kollektive Erinnerung einbrennen sollte. Eine Nacht, die das Leben einiger Menschen entscheidend beeinflussen sollte.

In der Tat war die Nacht so dunkel und stürmisch, dass man nichts sah und ziemlich nassgeregnet wurde. Vorrausgesetzt, man traute sich auf die Straße.

Und Henry Kaiserschmarrn musste auf die Straße. Ausgerechnet heute, in dieser dunklen und stürmischen Nacht musste er einen Strommasten reparieren. Was heißt da eigentlich ausgerechnet? Passenderweise müsste man eher sagen. Aber er war nicht der Einzige, der hinausmusste, in dieses Sauwetter.

Deshalb fluchte Mindy. Sie hasste den Regen, wie man ihn nur hassen konnte. Aber sie mochte die Dunkelheit. Um ein wenig ebenjene nächtliche Dunkelheit zu genießen, war sie in den Wald gefahren. Spazieren. Da hatte sie noch nichts von dem Regen geahnt. Sie schaute nämlich keine Wettervorhersage. Nie.

Aus Prinzip. Diese Nacht musste einfach dunkel und stürmisch sein, dass wusste auch der Fernsehwetterfrosch Paul McCarthy, den niemand Bierkrug nannte. Dunkel deshalb, weil es eben eine Nacht war. Das sollte einleuchten. Mit dem stürmisch war es ein bisschen komplizierter. Tiefdruckgebiet und so, jedenfalls.

Aber trotzdem war es keine besonders ereignisreiche Nacht.

von drbierkrug um 21:51h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Freitag, 29. Oktober 2004

Logisch
- "Was wäre denn ein gutes Thema? Der Sinn des Lebens?" Sie schaut mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle:
- "Was willst du denn mit dem Sinn des Lebens? Musst du immer gleich so philosophisch werden?"
- "War nur so eine Idee.", antworte ich kleinlaut. Und weiter: "Wie wäre es mit Reggea? Also ich mag Reggea ja nicht so."
- "Du willst über Reggea reden?", fragt sie mich.
- "Nur, wenn du willst.", antworte ich und schaue geistesabwesend in eine weit entfernte Ferne. In ebenjener weit entfernten Ferne fotografiert gerade jemand zwei Raben auf einem Baum. Das Foto wird wunderschön und schwarz-weiß, obwohl es mit einem Farbfilm aufgenommen wird. Ich schüttle den Kopf über meine albern-romantische Vorstellung von weit entfernter Ferne.
- "Warum bist du immer so negativ?", fragt sie mich.
- "Ich war doch gerade nicht negativ."
- "Ich meinte nicht gerade, sondern generell." Sie schaut mich mit ihren ernsten Augen an und fragt: "Warum zweifelst du an allem?"
Das "Parken verboten"-Schild, auf das ich starre, gibt mir leider keine Antwort auf die Frage. Lieber denke ich also über das Rezept für Erdbeerkuchen nach, dass mir vorhin eine Frauenzeitschrift für den Fall ihres Einkaufs durch mich versprach.
- "Erdbeerkuchen finde ich aber zu Beispiel super. Ich sehe nicht alles negativ.", weiche ich ihr mehr aus, als dass ich Antwort gebe.
- "Man kann ja auch nicht alles negativ sehen. Immer schon gar nicht. Ja, Erdbeerkuchen ist lecker."
Ich höre ihr schon gar nicht mehr zu. Der Erdbeerkuchen hält mich gefangen, in einer Welt des Fruchtgenusses. Irgendwann stupst sie mich an:
- "Hörst du mir eigentlich zu?" fragt sie mich empört.
- "Klar höre ich dir zu. Wer denn sonst?"

von drbierkrug um 14:55h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Mittwoch, 20. Oktober 2004

What became of forever?
Löwi hieß natürlich nicht Löwi. So nannten ihn nur seine Freunde. Er hieß mit Vorname Johannes und mit Nachnamen Wagner. Löwi war ganz hoffnungslos verliebt in Philadelphia. Nein, nicht der Streichkäse und auch nicht der Bundesstaat, sondern seine Nachbarin, deren Eltern sich eben einfach einen Scherz auf Kosten ihrer Tochter erlaubt hatten. Löwi störte Philadelphias merkwürdiger Name jedoch keineswegs, er fand sie einfach ganz wunderbar. In der Tat war sie das auch, nur leider war Löwi mehr der Losertyp und sie nicht sonderlich interessiert an ihm. Deshalb war seine Liebe zu ihr so gänzlich hoffnungslos.

Irgendwann war es Löwi genug und er beschloss, gegen seine sinnlose Verliebtheit vorzugehen. Er hatte einfach genug von ihren akutesten Symptomen, die da waren: Sie bei jedem Treffen sofort küssen wollen, und immerzu an sie denken müssen. Löwi sah nur einen Ausweg, er durfte sie einfach eine Zeit lang nicht mehr sehen, getreu der alten Weisheit "Out of sight, out of mind.". Logischerweise nahm er sich also zwei Wochen frei und legte sich für diese Zeit einen Vorrat an Lebens- und Unterhaltungsmitteln an.

Die ersten Tage waren ausgesprochen ernüchternd. Obwohl Löwi nie das Haus verließ und sich eifrig mit DVDs und Büchern ablenkte, dachte er doch häufig, für seinen Geschmack zu häufig, an Philadelphia. Das konnte natürlich so nicht weitergehen und Löwi beschloss, seine Gedanken einer wissenschaftlichen Analyse zu unterziehen. Fortan führte er Buch über die Häufigkeit und Heftigkeit seiner Gedanken an Philadelphia.

Löwi trug seine Selbstbeobachtungen in eine Tabelle ein und erstellte eine Grafik. Zu seiner Freude stellte er nach zehn Tagen ein deutliches Abflachen der Kurve fest. Nach 14 Tagen hatte er tatsächlich einen Wert von null auf dem "Philadelphia-Index", wie Löwi seine Statistik in Gedanken mittlerweile nannte, erreicht.

Als Löwi nach Ende seiner asketischen Zeit Philadelphia wiedersah, ließ sie ihn tatsächlich völlig kalt. Merkwürdigerweise hatte er aber auf einmal ein auffälliges Interesse an Regenpfützen entwickelt, das er jedoch für nicht weiter schlimm hielt.

von drbierkrug um 14:13h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Montag, 18. Oktober 2004

Betrunkener schwatzt Barmann voll
- "Weißt du, warum ich sie so sehr liebe?"
- "Nein, warum?"
- "Wegen ihrer Lakonie!"
- "Wegen was?"
- "Ihrer Lakonie."
- "Ist das eine Krankheit?"
- "Nein, das ist, wenn man lakonisch ist."
- "Hä?"
- "Genau so. Die Spartaner waren zum Beispiel lakonisch. Die kamen ja aus Lakonien, da kommt das ja her."
- "Sie kommt also aus Lakonien? Wo ist das denn?"
- "In Griechenland. Aber da kommt sie nicht her. Sie ist nur so."
- "Lakonisch?"
- "Ja."
- "Und deshalb liebst du sie, weil sie so ist, wie die Spartaner?"
- "Ja. Also, nein. Weil sie eben nicht so verquatscht ist wie die ganzen anderen Weiber."
- "Ja, die Weiber."
- "Ein Hoch auf die Weiber."

(Angestrengtes Trinken)

von drbierkrug um 18:21h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten

 



Mittwoch, 13. Oktober 2004

Dschungelfieber (Einleitung, Vorstellung der Charaktere)
P. war wahrlich ein Weltenbummler. Wo andere sagten "Ach, da müsste man auch mal hinreisen.", da saß P. schon im Flieger oder Segelboot. Er war sehr spontan und immer unterwegs. Eine besondere Liebe hatte er zu Grönland entwickelt, seiner "lieben Schneewüste", wie er zu sagen pflegte. Er war aber auch gern in den USA oder in Tokio, bei seine "liebe Bekloppte", wie er die Japaner immer nannte. Das war natürlich nicht despektierlich gemeint, sondern liebevoll.

Woher P. das Geld für seine Reisen hatte? Nun, er hatte natürlich von seinem "lieben Onkel" geerbt, einem Flaschenfabrikanten.

Genug damit von P., dem Weltenbummler. Kommen wir zu C., der Reiseveranstalterin. Stellen wir uns eine sympathische junge Frau vor, frisch verheiratet, eifrig mit der Planung einer Familie beschäftigt, erfolgreich im Beruf. Stellen wir uns nun das Gegenteil vor und wir haben C. vor uns. C. führte eine erfolglose Reiseveranstaltungsgesellschaft. Die schlechte Organisation von C.s Reiseveranstaltungen und C.s Unfreundlichkeit war in Weltenbummlerkreisen geradezu legendär. Weltenbummler galten als besonders hartgesotten, wenn sie es mehrmals über sich gebracht hatten, eine der C.schen Dschungeltouren zu überleben, die sich regelmäßig ohne Aufpreis zu gigantischen Abenteuern auswuchsen, Gefährdung für Leib und Leben inklusive.

P., der auf den jährlichen "I survived a C.-Reiseveranstaltung"-Award der "Weltenbummlergewerkschaft" scharf war, buchte also gegen besseres Wissen bei C. einen Trip in den südostasiatischen Dschungel, genauer: auf die Insel Borneo.


Wie mag es wohl weitergehen? Wen es interessiert, der schaue morgen wieder vorbei.

von drbierkrug um 12:14h| 0 Kommentare |kommentieren | Siehe auch: Geschichten