Dichterisches Selbstverständnis
Nun beschäftigt mich eine wirklich wichtige Frage: Welche Verantwortung hat ein Autor gegenüber denen von ihm erschaffenen Charakteren. Ich denke dabei an die vielen Figuren, die im Laufe der Literaturgeschichte den unterschiedlichsten tragischen Schicksalen anheim fielen. Um dabei einem Missverständnis vorzubeugen: Ich bin keineswegs Verfechter des Happy Ends, eher ein entschiedener Gegner desselben. Wenn mir jemand weismachen wollte, dass der Schriftsteller eine Verantwortung gegenüber seinen Lesern hätte, würde ich diesem jemand deutlich machen, dass ich ihn für dumm halte. Der Schriftsteller muss sich meiner Meinung nach völlig vom Anspruch seines Lesers lossagen. Leser sind beschränkte, obskure, aber vor allem passive Gestalten, die der Autor niemals beachten sollte.

Um zur eigentlichen Frage zurückzukommen: Darf der Autor seine Figuren einfach sterben lassen? Oder auch nur ihre Menschenwürde verletzen? Antwort bietet wohl die Übertragung des Verhältnisses Schriftsteller – Autor auf ein der Realität entsprechendes Verhältnis, etwa „Gott – Mensch“. Wäre es moralisch vertretbar, wenn Gott am Ende der Weltgeschichte alle Menschen sterben ließe?

Okay, schlechtes Beispiel.
Freitag, 2. April 2004, 23:44, von drbierkrug | |comment | Siehe auch: Gedanken