Gedächtniskehrwoche
Die Uhr zeigt 22.22. Aber sie geht eh falsch. Vor elf Stunden und elf Minuten war es 11.11 Uhr, was 22.22 Uhr entweder zum doppelten oder zum Anti-Karneval macht. Außer man kommt aus Düsseldorf, dann wäre dieser Moment um 26.11 Uhr, also 2.11 Uhr in der Nacht. Zumindest einmal alle zwölf Tage. Oder so... Ok, das geht nicht auf.
Jetzt zeigt die Uhr 22.25, wozu mir dann sogleich die Assoziation fehlt. Oder doch: Wie kommt es eigentlich, dass es keine 2.250er-Jubiläen gibt? Dörfer, die 1.250 Jahre stolzes Dorf-Sein begehen, habe ich nun schon mehrere erlebt, aber 2.250 Jahre nicht. Es feiert auch kein Moderator seine 2.250. Sendung. Außer vielleicht Kerner, aber von dem würde ich auch nichts erwarten.
Kerner: Der erinnert mich übrigens an seinen Namensvetter Justinus, einen schwäbischen Romantikdichter, der aus Ludwigsburg kommt, einer Stadt nahe Stuttgart, in der ich bis zur Mitte meines dreizehnten Lebensjahres gewohnt habe. Nun, eigentlich haben wir nicht in Ludwigsburg gewohnt, sondern in einem Ortsteil, der den schönen Namen „Poppenweiler“ trug. Als wir dann nach Wiesbaden (also, in die Nähe... Ach, lassen wir das.) zogen, verschwieg ich dieses Detail und sprach immer nur von Ludwigsburg. Ich hatte es ja damals schon schwer genug (Kinder können so grausam sein) mit meinem schwäbischen Akzent, der Anlass zu allerlei Erheiterung bot. „Sag mal Kässpätzle!“ „bat“ man mich, weil damals (wie heute?) die Werbung für ein Maggi-Fix-Etwas lief, das sich Kässpätzle schimpfte. Mir wurde zwar nie klar, warum (das Wort „Kässpätzle“ lässt sich schon qua Orthographie nicht hochdeutsch aussprechen), aber es war immer ein großer Lacherfolg, wenn ich die beliebte Nudelspeise benannte.
Ich sah schnell ein, dass ich meinen Akzent ablegen musste, wenn ich nicht ewiges Belächeltwerden durch die Möchtegerngroßstädter über mich ergehen lassen wollte. Da ich noch jung war, fiel mir das auch nicht besonders schwer, zumal das Rhein-Main-Gebiet einen guten Ersatz lieferte. Schon bald sprach ich von „Schina“ und „Schemie“ oder begrüßte mit „Ei Gude wie?!“. Nur zurück in der Heimat (die eigentlich mehr auf der schwäbischen Alb liegt, aber es waren insgesamt einfach zu viele Umzüge, um da eine Festlegung zu treffen) fiel ich – auch das immer schwächer – in das Idiom meiner Kindheit zurück. Und manchmal will mir J. auch heute noch weismachen, man würde manchmal noch mehr ein ä hören, wo ein e hingehört. Dies halte ich aber für arglistiges Verhören.
Neulich nun wurde von prüfender Stelle bemerkt, dass man das Schwäbische gar nicht mehr höre und dass dies durchaus bemerkenswert sei: Die meisten Schwaben würden ihren Dialekt ja nicht ablegen können. „I kann’s aber scho’ noch.“, antwortete ich. 22.51 Uhr.
Jetzt zeigt die Uhr 22.25, wozu mir dann sogleich die Assoziation fehlt. Oder doch: Wie kommt es eigentlich, dass es keine 2.250er-Jubiläen gibt? Dörfer, die 1.250 Jahre stolzes Dorf-Sein begehen, habe ich nun schon mehrere erlebt, aber 2.250 Jahre nicht. Es feiert auch kein Moderator seine 2.250. Sendung. Außer vielleicht Kerner, aber von dem würde ich auch nichts erwarten.
Kerner: Der erinnert mich übrigens an seinen Namensvetter Justinus, einen schwäbischen Romantikdichter, der aus Ludwigsburg kommt, einer Stadt nahe Stuttgart, in der ich bis zur Mitte meines dreizehnten Lebensjahres gewohnt habe. Nun, eigentlich haben wir nicht in Ludwigsburg gewohnt, sondern in einem Ortsteil, der den schönen Namen „Poppenweiler“ trug. Als wir dann nach Wiesbaden (also, in die Nähe... Ach, lassen wir das.) zogen, verschwieg ich dieses Detail und sprach immer nur von Ludwigsburg. Ich hatte es ja damals schon schwer genug (Kinder können so grausam sein) mit meinem schwäbischen Akzent, der Anlass zu allerlei Erheiterung bot. „Sag mal Kässpätzle!“ „bat“ man mich, weil damals (wie heute?) die Werbung für ein Maggi-Fix-Etwas lief, das sich Kässpätzle schimpfte. Mir wurde zwar nie klar, warum (das Wort „Kässpätzle“ lässt sich schon qua Orthographie nicht hochdeutsch aussprechen), aber es war immer ein großer Lacherfolg, wenn ich die beliebte Nudelspeise benannte.
Ich sah schnell ein, dass ich meinen Akzent ablegen musste, wenn ich nicht ewiges Belächeltwerden durch die Möchtegerngroßstädter über mich ergehen lassen wollte. Da ich noch jung war, fiel mir das auch nicht besonders schwer, zumal das Rhein-Main-Gebiet einen guten Ersatz lieferte. Schon bald sprach ich von „Schina“ und „Schemie“ oder begrüßte mit „Ei Gude wie?!“. Nur zurück in der Heimat (die eigentlich mehr auf der schwäbischen Alb liegt, aber es waren insgesamt einfach zu viele Umzüge, um da eine Festlegung zu treffen) fiel ich – auch das immer schwächer – in das Idiom meiner Kindheit zurück. Und manchmal will mir J. auch heute noch weismachen, man würde manchmal noch mehr ein ä hören, wo ein e hingehört. Dies halte ich aber für arglistiges Verhören.
Neulich nun wurde von prüfender Stelle bemerkt, dass man das Schwäbische gar nicht mehr höre und dass dies durchaus bemerkenswert sei: Die meisten Schwaben würden ihren Dialekt ja nicht ablegen können. „I kann’s aber scho’ noch.“, antwortete ich. 22.51 Uhr.
Sonntag, 17. Juni 2007, 00:56, von drbierkrug |
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| Siehe auch: Aus dem Leben