Unbarmherzig brennt die Sonne vom Himmel herab. Wo kein Schatten ist, müssen es mindestens 50 Grad sein. Und Schatten ist praktisch nirgendwo, dem muss es auch schon zu heiß geworden sein. Schwitzend und schwer atmend quäle ich mich den Berg hinauf, in Richtung des Ziels. Vor mir hält sich nur noch ein Konkurrent, doch ich sehe: er wankt. Lange kann er dieses Tempo nicht mehr halten. Geschickt ziehe ich mich in seinen Windschatten, oder das, was bei dieser niedrigen Geschwindigkeit und diesen Temperaturen noch davon übrig ist. Dann, der schnelle Antritt... Ich bin vorbei. Fünf Meter, zehn Meter, um die Kurve. Mein Konkurrent verliert mich aus den Augen, ist demoralisiert, am Ende. Unaufhaltsam ziehe ich davon. Das Ziel fliegt heran, ich mobilisiere letzte Kräfte und reiße die Arme zur Siegespose empor. Erst mit dem Umdrehen des Haustürschlüssels wird mir bewusst, dass ich soeben nicht die Königsetappe der Tour de France gewonnen habe, sondern nur vom Zug nach Hause gelaufen bin.
Dienstag, 4. Juli 2006, 22:15, von drbierkrug |
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| Siehe auch: Aus dem Leben