Fremdschämen
Bald ist wieder WM (ja, echt). Zeit für Deutschland, aus seinem vaterlandsvergessenen Dornröschenschlaf zu erwachen und zur Abwechslung einmal ein bisschen patriotisch zu sein. Zum Einen natürlich auf diese offenkundige, bierselige, großleinwandige Art, auch „Daumen-Halten“ mit „unseren Jungs“ genannt. Woran ich mich natürlich auch eifrigst beteilige. Dabei ist es mir völlig egal, dass „wir“ (hehe) nicht den schönsten Fußball spielen und eigentlich immer nur Dusel haben. Ein echter Fußballfan muss die Liebe zu seiner Mannschaft nicht begründen, weil er das zumeist gar nicht kann. Ich habe ja auch keine Ahnung, warum ich Fan von Bayer Leverkusen (ja, wirklich) bin.
Doch davon wollte ich gar nicht sprechen. Mir geht es heute um die andere, viel subtilere Art des plötzlichen Patriotismus. Eine Form, die bei einer WM im eigenen Land noch deutlich ausgeprägter ist, als sonst bei W- oder EMen. Die auf den ersten Blick das genaue Gegenteil vom Stolz auf das eigene Land ist: Das Schämen für die eigenen Landsleute nämlich.
Denn wer möchte sich nicht manchmal Augen und Ohren zuhalten, sich peinlich berührt wegdrehen, wenn deutsche „Personen der Öffentlichkeit“ den Wahrnehmungskreis der Landesgrenzen überschreiten. Wenn Reinhold Beckmann die WM-Auslosung moderiert. Wenn deutsche Katakomben-Interview-Jäger frischgebackene Champions-League-Sieger tatsächlich fragen, ob sie denn glücklich seien. Oder wenn Roland Koch sich an den gerade gelandeten Ronaldinho „ranwanzt“. Keine Frage: Als gemeiner TV-Deutscher ist es kaum auszuhalten, was die eigenen Landsleute so verzapfen. Mir graut es jetzt schon vor jedem Gespräch, dass Waldi Hartmann oder Steffen Simon mit dieser Welt, die da zu Gast kommt, führen werden.
Und dieses Fremdschämen kann nur daher kommen, dass es einem eben doch wichtig ist, wie das eigene Land von den Anderen wahrgenommen wird. Dass man doch davon überzeugt ist, dass das eigene Land nicht so schlimm ist, wie seine Öffentlichkeitsarbeiter suggerieren. Wenn das nicht Patriotismus ist...?
Leider ist es eine Form von Patriotismus, die nicht besonders glücklich macht, die Wirtschaft nicht fördert und auch keine Arbeitsplätze schafft. Ganz im Gegenteil möchte man sich am liebsten im stillen Kämmerlein verkriechen, um dieses deutsche Wahrnehmungsdesaster nicht angucken zu müssen. Da aber positives Denken erste Bürgerpflicht ist und wir den Bürgerpflichten als plötzliche Patrioten gerne nachkommen wollen, darf das Fremdschämen nicht des Dichtens und Denkens letzter Schluss bleiben.
Ausweg aus dem Beständig-peinlich-berührt-Sein kann eigentlich nur eine Einstellung sein, wie sie der Spiegel-Redakteur Matthias Matussek letztens in einem Interview mit der FAS bekundete. Sein Zurückfinden zum schönen Vaterlande in seinem Buch „Wir Deutschen - Warum die anderen uns gern haben können“, erklärte er damit, dass er lange Jahre im Ausland gelebt habe und nun wisse, dass die Deutschen doch gar nicht so übel seien. Welch revolutionäre Idee: Die Anderen sind auch nicht besser. Die Anderen müssen sich auch beständig für ihre Politiker und ihr Fernsehpersonal schämen. Ein schöner Gedanke, den ich nicht ohne Schmunzeln als aufgeklärten Chauvinismus bezeichnen möchte. So werden „wir“ Weltmeister, bestimmt.
(Schämt sich eigentlich schon ein bloggender Landsmann für mich?)
Doch davon wollte ich gar nicht sprechen. Mir geht es heute um die andere, viel subtilere Art des plötzlichen Patriotismus. Eine Form, die bei einer WM im eigenen Land noch deutlich ausgeprägter ist, als sonst bei W- oder EMen. Die auf den ersten Blick das genaue Gegenteil vom Stolz auf das eigene Land ist: Das Schämen für die eigenen Landsleute nämlich.
Denn wer möchte sich nicht manchmal Augen und Ohren zuhalten, sich peinlich berührt wegdrehen, wenn deutsche „Personen der Öffentlichkeit“ den Wahrnehmungskreis der Landesgrenzen überschreiten. Wenn Reinhold Beckmann die WM-Auslosung moderiert. Wenn deutsche Katakomben-Interview-Jäger frischgebackene Champions-League-Sieger tatsächlich fragen, ob sie denn glücklich seien. Oder wenn Roland Koch sich an den gerade gelandeten Ronaldinho „ranwanzt“. Keine Frage: Als gemeiner TV-Deutscher ist es kaum auszuhalten, was die eigenen Landsleute so verzapfen. Mir graut es jetzt schon vor jedem Gespräch, dass Waldi Hartmann oder Steffen Simon mit dieser Welt, die da zu Gast kommt, führen werden.
Und dieses Fremdschämen kann nur daher kommen, dass es einem eben doch wichtig ist, wie das eigene Land von den Anderen wahrgenommen wird. Dass man doch davon überzeugt ist, dass das eigene Land nicht so schlimm ist, wie seine Öffentlichkeitsarbeiter suggerieren. Wenn das nicht Patriotismus ist...?
Leider ist es eine Form von Patriotismus, die nicht besonders glücklich macht, die Wirtschaft nicht fördert und auch keine Arbeitsplätze schafft. Ganz im Gegenteil möchte man sich am liebsten im stillen Kämmerlein verkriechen, um dieses deutsche Wahrnehmungsdesaster nicht angucken zu müssen. Da aber positives Denken erste Bürgerpflicht ist und wir den Bürgerpflichten als plötzliche Patrioten gerne nachkommen wollen, darf das Fremdschämen nicht des Dichtens und Denkens letzter Schluss bleiben.
Ausweg aus dem Beständig-peinlich-berührt-Sein kann eigentlich nur eine Einstellung sein, wie sie der Spiegel-Redakteur Matthias Matussek letztens in einem Interview mit der FAS bekundete. Sein Zurückfinden zum schönen Vaterlande in seinem Buch „Wir Deutschen - Warum die anderen uns gern haben können“, erklärte er damit, dass er lange Jahre im Ausland gelebt habe und nun wisse, dass die Deutschen doch gar nicht so übel seien. Welch revolutionäre Idee: Die Anderen sind auch nicht besser. Die Anderen müssen sich auch beständig für ihre Politiker und ihr Fernsehpersonal schämen. Ein schöner Gedanke, den ich nicht ohne Schmunzeln als aufgeklärten Chauvinismus bezeichnen möchte. So werden „wir“ Weltmeister, bestimmt.
(Schämt sich eigentlich schon ein bloggender Landsmann für mich?)
Mittwoch, 7. Juni 2006, 13:05, von drbierkrug |
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| Siehe auch: Aus der Welt