Bus
Gleich werde ich wieder mit dem Bus fahren. Meine Buslinie gibt es in ihrer jetzigen Form erst seit letztem Dezember, doch sie ist mir schon sehr an Herz gewachsen. Ich muss ungefähr zwei Minuten zur Bushaltestelle laufen. Morgens stehen immer schon fünf oder sechs Leute da, wenn ich zu der Haltestelle komme. Der Bus ist dann meistens auch schon halb gefüllt. Mittags treffe ich dagegen meist niemanden. Einmal war sogar der Bus völlig leer und zwei Haltestellen lang war ich der einzige Fahrgast.

Der erste Halt ist vor einem örtlichen Vertreter der REWE-Handelsgruppe. Der nächste ist vor einem Bürogebäude im Gewerbegebiet. Hier steigen eigentlich immer Leute ein. Die letzte Haltestelle unserer kleinen Ortschaft wird dagegen nicht so sehr genutzt. Hier steigt dafür aber manchmal ein alte Mann ein, der ein froschähnliches Gesicht hat, was vor allem an seinen desorientierten Glubschaugen liegt. Wenn ich morgens im Bus fahre und der alte Mann zusteigt, dann kann ich manchmal in seiner Bildzeitung mitlesen. Besondere Freude bereitet es mir dann, den Text über das Mädchen auf der Titelseite zu lesen ("Jana möchte nämlich einmal Model werden.").

Überhaupt ist es natürlich so, dass ich auf der Fahrt sehr häufig bekannte Gesichter sehe. Da ist zum Beispiel dieses Mädchen, dass ich von irgendwoher kenne. Ich weiß nur nicht, woher. Oder der alte Raucher mit der Jeansjacke, der so aussieht, als würde er nur deshalb Bus fahren, weil man ihm den Führerschein abgenommen hat. Doch zurück zur eigentlichen Fahrt.

Der Bus verlässt jetzt unsere Ortschaft und beschleunigt auf satte 70 km/h. Dann kommt er in die nächste Ortschaft, an deren Eingang eine Haltestelle ist, die eigentlich nie genutzt wird. Auch die nächste Haltestelle ist nicht sehr beliebt, aber der Bus hält trotzdem immer, um den Weg für die Autos zu blockieren. Es folgt die zentrale Haltestelle dieser Ortschaft. Ihr gegenüber liegt eine verlassen wirkende Videothek, die durch ihre Plakate deutlich macht, dass es Steven Segall Seagal immer noch gibt. Meist döse ich zu diesem Zeitpunkt ein, da die nächsten Haltestellen in einem weiteren Gewerbegebiet liegen. Gewerbegebiete sind für mich unheimlich frustrierend, besonders am Morgen, wenn ich, übermüdet, sowieso die kleinste Wolke am Himmel zum Anlass für Depressionen nehme. Es geht vorbei an tegut, Avis, Carglass und Würth, zu einer Haltestelle vor unserer örtlichen Sparkasse. Mittags steigen dort immer unheimlich viele Auszubildende ein, die sich laut über ihre Ausbildung unterhalten. Sie reden und reden, während draußen der Wal-Mart vorbeizieht und diverse Imbissbuden passiert werden, bevor der Bus vor meinem Snookerspielort zum Stehen kommt. Der restliche Weg ist dann schon innerstädtisch, es geht eine Allee hinauf, dann hinunter, schließlich hält der Bus am Bahnhof. Hier steigen die meisten Fahrgäste aus. Vom Bahnhof fährt er endgültig in die Innenstadt, wo sein letzter Halt ist. Dann muss auch ich das Gefährt verlassen. Manchmal finde ich das schade.
Dienstag, 27. September 2005, 18:37, von drbierkrug | |comment | Siehe auch: Aus dem Leben