US-Wahlkampf, die Erste
Über den US-Wahlkampf wird in Deutschland einfach zu wenig berichtet. Richtig berichtet, meine ich, also nicht nur über den oberflächlichen Quatsch, den Claus Kleber kennt, sondern auch über all den anderen oberflächlichen Quatsch, der den US-Wahlkampf so spannend macht, dass man darob Stunden im Internet prokrastinieren kann. Daher werde ich hier in den nächsten Tagen einige eigene Berichte zum Wahlkampf veröffentlichen. Heute: Die Umfragen.
Letzte Woche wurde das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft endlich gestartet. Diese Behauptung mag manchem vielleicht etwas komisch erscheinen, da die beiden verbliebenen Kandidaten ihre jeweiligen Kampagnen doch bereits im Pleistozän bzw. Januar 2007 auf den Weg gebracht haben. Doch erst mit den offiziellen Nominierungen auf den Parteitagen beginnt der Kampf um den unentschlossenen Wähler wirklich. Denn erst jetzt wird sich der gemeine Wechselwähler wirklich mit den Kandidaten und dem medialen Überangebot an Politberichterstattung ernsthaft beschäftigen. Grund genug also, einen Blick auf den Stand des Wahlkampfs zu werfen: Darauf, wo die Kandidaten stehen und wonach es in den nächsten Monaten Ausschau zu halten gilt.
Die landesweiten Umfragen
Seit Barack Obama Anfang Juni die demokratische Nominierung in trockene Tücher eingewickelt hat, führt er durchgehend in fast allen landesweiten Umfragen. Sein Vorsprung erreichte zur Zeit seiner Auslandstour (Siegessäule, remember?) einen Höchststand von wohl mehr als fünf, aber wohl weniger als zehn Prozent und sank seitdem kontinuierlich. Vor den Parteitagen konnte man, wenn überhaupt, nur noch von einem hauchdünnen Vorsprung reden.
Die Auswirkung der Parteitage selbst auf die Umfragewerte ist noch unklar. Bis jetzt sieht es so aus, als ob Obama von den letzten beiden Wochen mehr profitiert hat als McCain. Ohne allzu viel in Kaffeesätze und Teeblätter zu interpretieren, wird sein Vorsprung, wenn der Wähler die Parteitage vollständig verdaut hat, bei zwei bis vier Prozent liegen. Unentschlossen werden dann noch etwa zehn Prozent der Wahlberechtigten sein.
Die Umfragen in den einzelnen Staaten
Landesweite Umfrage sind natürlich nur ein sehr grober Indikator dafür, wie die Wahl ausgeht. Wie die Jahre 1876, 1888 und 2000 gezeigt haben, ist auch eine Mehrheit der landesweit abgegebenen Stimmen nicht immer ausreichend. (Seit 2000 wissen wir auch, dass es manchmal sogar reicht, wenn man von neun wichtigen Stimmen fünf für sich gewinnen kann.)
Wahlentscheidend ist stattdessen, wer die meisten Wahlmännerstimmen auf sich vereinigen kann. Diese Stimmen erringt man durch Siege in den einzelnen Bundesstaaten, wobei in fast allen Staaten eine uneingeschränkte Winner-take-all-Regel gilt: Das heißt wer die meisten Stimmen in einem Staat gewinnt, bekommt aus diesem Staat alle Wahlmännerstimmen. Das Wahlmännerkollegium besteht aus 538 Personen. Gewählt ist, wer 270 Stimmen erhält. Doch genug des Vorgeplänkels: Wohin deuten nun die Umfragen in den Staaten?
Kurz gesagt deuten sie daraufhin, dass Barack Obama eine wesentlich bessere Chance hat, Präsident zu werden, als sein Vorgängerkandidat John Kerry. Das liegt nicht etwa daran, dass er landesweit heute besser dastünde, als es Kerry seinerzeit tat. Auch der einschläfernde Redner aus dem schönen Boston führte fast den gesamten Sommer 2004 vor George W. Bush in den landesweiten Umfragen. Der Unterschied liegt an anderer Stelle: Obama ist in wesentlich mehr Staaten wettbewerbsfähig, als Kerry es war.
Die Umfragen zeigen, dass Obama sich realistischerweise Hoffnungen machen kann, 13 Staaten zu gewinnen, die 2004 noch an Bush gingen (Florida, North Carolina, Virginia, Ohio, Indiana, Iowa, Missouri, South Dakota, North Dakota, Montana, Colorado, New Mexico, Nevada). Im Gegenzug kann McCain maximal auf fünf Kerry-Staaten hoffen (New Hampshire, Pennsylvania, Michigan, Minnesota und Oregon). Und wirklich aussichtsreich scheinen davon nur New Hampshire und Michigan.
Was das heißt ist klar: Da 2008 weitaus mehr Bush-Staaten als Kerry-Staaten gefährdet sind, an die andere Seite zu fallen, geht Obama mit einem deutlichen Vorsprung an ungefährdeten Staaten in die Wahl. Summiert man die Wahlmännerstimmen der sicheren Obama-Staaten, kommt man auf 183. Zählt man die fast sicheren Staaten Pennsylvania, Minnesota und Oregon hinzu, sind es sogar 220. Sicher an McCain gehen dagegen nur 141. Damit sind Obamas Siegchancen bei einer knappen Wahl einfach höher. McCain müsste wesentlich häufiger das Glück haben, dass ein knapper Staat zu seinen Gunsten ausgeht.
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(Morgen: Die VPs)
Letzte Woche wurde das Rennen um die amerikanische Präsidentschaft endlich gestartet. Diese Behauptung mag manchem vielleicht etwas komisch erscheinen, da die beiden verbliebenen Kandidaten ihre jeweiligen Kampagnen doch bereits im Pleistozän bzw. Januar 2007 auf den Weg gebracht haben. Doch erst mit den offiziellen Nominierungen auf den Parteitagen beginnt der Kampf um den unentschlossenen Wähler wirklich. Denn erst jetzt wird sich der gemeine Wechselwähler wirklich mit den Kandidaten und dem medialen Überangebot an Politberichterstattung ernsthaft beschäftigen. Grund genug also, einen Blick auf den Stand des Wahlkampfs zu werfen: Darauf, wo die Kandidaten stehen und wonach es in den nächsten Monaten Ausschau zu halten gilt.
Die landesweiten Umfragen
Seit Barack Obama Anfang Juni die demokratische Nominierung in trockene Tücher eingewickelt hat, führt er durchgehend in fast allen landesweiten Umfragen. Sein Vorsprung erreichte zur Zeit seiner Auslandstour (Siegessäule, remember?) einen Höchststand von wohl mehr als fünf, aber wohl weniger als zehn Prozent und sank seitdem kontinuierlich. Vor den Parteitagen konnte man, wenn überhaupt, nur noch von einem hauchdünnen Vorsprung reden.
Die Auswirkung der Parteitage selbst auf die Umfragewerte ist noch unklar. Bis jetzt sieht es so aus, als ob Obama von den letzten beiden Wochen mehr profitiert hat als McCain. Ohne allzu viel in Kaffeesätze und Teeblätter zu interpretieren, wird sein Vorsprung, wenn der Wähler die Parteitage vollständig verdaut hat, bei zwei bis vier Prozent liegen. Unentschlossen werden dann noch etwa zehn Prozent der Wahlberechtigten sein.
Die Umfragen in den einzelnen Staaten
Landesweite Umfrage sind natürlich nur ein sehr grober Indikator dafür, wie die Wahl ausgeht. Wie die Jahre 1876, 1888 und 2000 gezeigt haben, ist auch eine Mehrheit der landesweit abgegebenen Stimmen nicht immer ausreichend. (Seit 2000 wissen wir auch, dass es manchmal sogar reicht, wenn man von neun wichtigen Stimmen fünf für sich gewinnen kann.)
Wahlentscheidend ist stattdessen, wer die meisten Wahlmännerstimmen auf sich vereinigen kann. Diese Stimmen erringt man durch Siege in den einzelnen Bundesstaaten, wobei in fast allen Staaten eine uneingeschränkte Winner-take-all-Regel gilt: Das heißt wer die meisten Stimmen in einem Staat gewinnt, bekommt aus diesem Staat alle Wahlmännerstimmen. Das Wahlmännerkollegium besteht aus 538 Personen. Gewählt ist, wer 270 Stimmen erhält. Doch genug des Vorgeplänkels: Wohin deuten nun die Umfragen in den Staaten?
Kurz gesagt deuten sie daraufhin, dass Barack Obama eine wesentlich bessere Chance hat, Präsident zu werden, als sein Vorgängerkandidat John Kerry. Das liegt nicht etwa daran, dass er landesweit heute besser dastünde, als es Kerry seinerzeit tat. Auch der einschläfernde Redner aus dem schönen Boston führte fast den gesamten Sommer 2004 vor George W. Bush in den landesweiten Umfragen. Der Unterschied liegt an anderer Stelle: Obama ist in wesentlich mehr Staaten wettbewerbsfähig, als Kerry es war.
Die Umfragen zeigen, dass Obama sich realistischerweise Hoffnungen machen kann, 13 Staaten zu gewinnen, die 2004 noch an Bush gingen (Florida, North Carolina, Virginia, Ohio, Indiana, Iowa, Missouri, South Dakota, North Dakota, Montana, Colorado, New Mexico, Nevada). Im Gegenzug kann McCain maximal auf fünf Kerry-Staaten hoffen (New Hampshire, Pennsylvania, Michigan, Minnesota und Oregon). Und wirklich aussichtsreich scheinen davon nur New Hampshire und Michigan.
Was das heißt ist klar: Da 2008 weitaus mehr Bush-Staaten als Kerry-Staaten gefährdet sind, an die andere Seite zu fallen, geht Obama mit einem deutlichen Vorsprung an ungefährdeten Staaten in die Wahl. Summiert man die Wahlmännerstimmen der sicheren Obama-Staaten, kommt man auf 183. Zählt man die fast sicheren Staaten Pennsylvania, Minnesota und Oregon hinzu, sind es sogar 220. Sicher an McCain gehen dagegen nur 141. Damit sind Obamas Siegchancen bei einer knappen Wahl einfach höher. McCain müsste wesentlich häufiger das Glück haben, dass ein knapper Staat zu seinen Gunsten ausgeht.
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(Morgen: Die VPs)
Sonntag, 7. September 2008, 00:25, von drbierkrug |
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| Siehe auch: Aus der Welt